Das Jahr 2021

Es kehrt Routine ein. Und ich weiß gar nicht, ob das jetzt besorgniserregend ist, oder fein – oder beides. Wahrscheinlich muss man einfach gut aufpassen. Routine ist wie ein Schwungrad, das einen bewegt. Das kann manchmal einfach gut sein, weil es etwas wie „von außen bewegt werden“ hat und man nicht immer die Kraft des sich Bewegens aus sich selbst herausfinden muss. Das kann manchmal aber auch schlecht sein, weil man von außen einfach bewegt wird, das aber vielleicht gar nicht möchte, oder das Tempo des Schwungrades nicht passend ist. Deshalb, das gut Aufpassen. Solange man Routine auch wieder ändern kann und sie zu einer neuen und passenderen Routine umwandeln kann, ist mir dieses rhythmusgebende Schwungrad ein, mein Leben gut taktender, Begleiter.

Die ersten Jahresberichte begannen mit den Beschreibungen, wie ich die Herausforderung „Winter in Corona“ geschafft habe, und dann folgten Berichte über all die kleinen Schritte meines Selbstständigwerdens – sehr oft schrieb ich „Es ist voran gegangen, aber ob es wirklich wird, kann ich jetzt noch nicht sagen“.

Jetzt kann ich sagen: „Es ist geworden.“

Ich habe mich in meinem neuen Leben gut eingelebt, habe einen ungefähren Plan, was in den einzelnen Zeiten des Jahreskreislaufes so zu tun ist. Vom Samen in die Erde legen im Februar bis zum passenden Heizen im Winterauszeitmodus.

Im vorigen Auszeitmodus, im Jänner 2021, habe ich mir ein ganz besonderes Projekt vorgenommen: Ich habe mir das Recht und die Zeit genommen, meine vielen Gedanken zu diesem meinem neuen Leben aufzuschreiben. Lange Zeit sagte ich immer: „Ich schreibe einen Text.“ Das Wort „Buch“ kam mir zu großkotzig vor, zu überheblich. Bücher schreiben die großen und wichtigen Leute. Aber irgendwann, nach ein paar Wochen des Schreibens, begann ich es zuerst still zu wünschen, dann still zu denken. Ich sagte es tonlos in meinem Kopf. Der zuerst ganz zögerliche Gedanke wurde mit der Zeit selbstverständlich und dann kam der Schritt des Aussprechens. Zuerst Freundinnen gegenüber – die ersten Male relativierend. Ich wollte nicht als realitätsferne Person dastehen. Und dann wurde es mit jedem Aussprechen selbstverständlicher. Ich schrieb ein Buch.

Ich habe 54 Exemplare selbst gebunden und auf die Reise geschickt. Mein Plan war, dass diese Bücher gelesen und weiter gegeben werden.

Es gibt meinen Text aber auch als PDF unter www.werklwoche.at/kontakt zu lesen.

Aber ohne Freundinnen, die mich ermutigt haben und dann auch noch durchgelesen, Rückmeldungen gegeben und korrigiert haben, hätte ich auch dieses Vorhaben nicht umsetzen können. Danke an meine Freundinnen und danke, dass ich einfach so tolle Freundinnen habe.

Im Jänner ist aber auch ein Objekt in mein Haus gekommen, das ich mir schon sehr lange ersehnt und vorgestellt habe: ein Keramikbrennofen. Dieses Stück eröffnet so viele gestalterische Möglichkeiten – von vielen wusste ich, manche haben sich beim Tun eröffnet, und ich freue mich auf all die vielen Möglichkeiten und Variationen, die sich noch auftun werden.

Und trotz aller Routine ist es immer wieder erstaunlich und beglückend, wie sich der Blick aus meinem Atelierfenster innerhalb zweier Monate verändern kann:

MärzMai

Und Vögel können auf so unterschiedliche Weise zauberhaft sein

Und die alljährlich wiederkehrende Ernte erscheint mir von Jahr zu Jahr kostbarer, weil sich viele Kinder auf meine Marmeladen freuen. Manche muss ich gar nicht mehr fragen, was auf ihre Frühstücksstriezeln oder Toast soll, weil sie schon seit Jahren zu mir kommen und ich ihre Vorlieben einfach schon kenne.

Ich weiß jetzt nicht, ob es passend ist, auch in Zusammenhang mit der Pandemie von einer gewissen Routine zu sprechen, aber wir haben wohl ein Stück damit leben gelernt. Den aufgeregten Ausnahmezustand vom ersten Lockdown 2020 hätten wir nicht auf Dauer durchgehalten. Damals war es für mich unvorstellbar, dass dieser Zustand so lange andauern wird, heute ist klar, dass wir wohl noch ein Weilchen damit leben werden und dass es wichtig ist, sich gerade in widrigen Rahmenbedingungen das Leben irgendwie auch wohlig und gut zu machen.

Und wieder einmal war ich froh und dankbar darüber, dass meine Selbstständigkeit zufällig im Sommer Hochsaison hat und nicht im Winter. Der Werklwochensommer konnte stattfinden – und auch heuer gab es einfach viele, lebendige, laute, gestalterische, herausfordernde, stolze, fröhliche Stunden im Sommer, bei mir im Haus, im Wald und im Bach.

Aus alten Christbäumen, die ich von den Sammelstellen geholt habe, wurden elegante Holzobjekte. Salatbestecke, Quirle und Schmuckständer.

Tonmasse eingießen und wieder ausgießen, über Nacht trocken lassen und dann am nächsten Tag – ganz vorsichtig – die Kanten versäubern.

Die Sonne übernimmt den restlichen Trocknungsprozess. Dann wandern die Tongefäße zum ersten Mal für den Rohbrand in meinen Ofen. Danach wird mit großer Konzentration und Sorgfalt bemalt und mit durchsichtiger Glasur glasiert, um dann ein zweites Mal für den Glasurbrand in den Ofen zu wandern.

Für Seifenschalen und Windlichter musste man vor dem Rohbrand noch ganz behutsam Löcher in den rohen Scherben bohren.

Wenn wir dann am letzten Abend den Ofen öffnen und die fertigen Sachen ausräumen konnten, war das ein feierlicher, freudiger und feiner Moment.

Die grafische Technik war heuer eine Monotypie. Auf eingewalzten Glasplatten wurden ähnlich wie auf einem Kopierpapier die Zeichnungen durchgedruckt. Eine ganz eigene Art des Striches entsteht.

Wie jedes Jahr: Freundschaftsbänder – heuer Makrameeknoten.

Mit selbst geschnitzten Stempeln bedruckten wir Baumwollstoffe, fixierten die Stofffarbe durch Bügeln und wachsten das Tuch mit Bienenwachs ein. So konnten die Kinder und Jugendlichen ein ganz besonders gestaltetes Jausentuch mit nach Hause nehmen.

Und natürlich der Klassiker des letzten Tages – Acrylbildmalen.

Der Herbst brachte neue Hühner und ein kleines Garagenzelt für mein kleines neues Auto. Und viele liebe Gäste an den Wochenenden. Die neuen Hühner legen leider noch immer keine Eier, aber ich hoffe auf den Frühling. Das neue Garagenzelt hingegen ist mir jedes Mal eine Freude, wenn ich weder Eiskratzen noch Schnee abputzen muss, sondern einfach ins Auto steigen kann. Und die lieben Wochenendgäste von 7 bis 67 Jahren bringen einfach gute und fröhliche Stimmung – und wenn sie dann mit gelungenen, selbst gestalteten Objekten nach Hause fahren, sind nicht nur sie selbst stolz auf ihre Arbeit, sondern ich auch ein bisserl, dass es mir gelungen ist, so einen passenden Rahmen für das Gestalten zu schaffen.

Und ich freu mich jetzt, dass einige Zeit niemand kommt. Keine Gäste, keine Freunde , keine Kinder, auch nicht meine eigenen Kinder. Jetzt geht es ums Verwöhnen von mir selbst, so lange, bis ich wieder gut aufgetankt bin. Auftanken mit einfach nur für mich etwas gestalten, malen, ausprobieren, nähen, Schmuck machen,… bis ich satt bin, bis es genug ist. Dann stellt sich auch der Moment der Vorfreude aufs Gästeverwöhnen wie von selbst wieder ein. Das weiß ich ja jetzt schon, weil ich so routiniert geworden bin.