Die Sissi

Die kleine Frau Hullewulle war ein Waldgeist. Ein freundliches kleines Gespenst, das die Abwechslung liebte. Im Sommer war ihr Haar grün, im Herbst rot, im Winter weiß. Manchmal hatte sie Lust zum Spuken, besonders in finseren Nächten. Da ritt sie mit einer schwarzen Rabenfeder durch die Lüfte, heulte mit den Wölfen, tanzte mit den Irrlichtern und pustete dem mürrischen Wassermann die Wasserpfeife aus. (aus: DAS STÄDTCHEN DRUMHERUM, Mira Lobe und Susi Weigl)

Da ich glaube, dass es für Eltern wichtig ist zu wissen, wem sie ihre Mäuse anvertrauen, wird dieser Text ein bisserl länger ausfallen. Ich möchte mich so gut es möglich ist vorstellen, was aber ein persönliches Kennen lernen nicht ersetzt. Es kommen nur Kinder zu mir, nachdem es Treffen gegeben hat – am besten ist es, mal einen Ausflug in den Wienerwald zu machen und bei mir vorbeizuschauen. Ich komme aber auch gerne zu Besuch.

Vor Jahren haben mir Eltern erzählt, dass bei ihren Kindern die Werklwoche unter „Sissiwoche“ läuft, das hat mich sehr geehrt und bestätigt. Natürlich ist meine Person ein nicht unwesentlicher Teil, bin ich doch für diese Woche die einzige erwachsene Person.

Biographisches

Ich bin 1968 in Wien geboren, verbrachte aber als Kind viel Zeit bei meiner Tante im Waldviertel und in den Sommerferien viele Tage bei meinen Großeltern in St. Corona, in dem Haus, das jetzt meines ist. Vor allem die vielen Stunden mit meinem Opa in der Werkstatt – wir spielten immer „Leabua und Masta“ – prägten mich und legten den Grundstein für meine handwerkliche Lust. Diese wurde weiter genährt in der Kunstgewerbeschule Herbststraße und später beim Studium auf der Angewandten.

Dass ich aber als kleines Mädchen in den 70igern beim Opa in der Werkstatt mit Säge, Hammer und Hobel hantieren durfte, war für damalige Verhältnisse eher ungewöhnlich und im Rückblick weiß ich, wie wichtig diese Erfahrung für mich war, ohne die ich heute nicht so selbstverständlich mit all den Geräten und Maschinen – von Bohrer, über den Elektrohobel bis zur Handkreissäge - umgehen könnte. Rollenbilder sind leider etwas Hartnäckiges und auch heute ist der bewusste Umgang damit wichtig. Es ist mir immer ein großes Anliegen, dass in meinen Programmen traditionell weibliche und männliche Techniken vorkommen und dass Burschen und Mädchen alles machen. Letztendlich geht es darum, Dinge und Objekte aus den unterschiedlichsten Materialien zu gestalten und beim Erschaffen von Werkstücken Freude zu haben und stolz auf die eigene Arbeit zu sein.

Auch das sich vertraut machen mit den unterschiedlichsten Maschinen und Geräten erachte ich als wichtig.

Mein pädagogischer Werdegang

Meine beiden Töchter besuchten die Alternative Volksschule Hofmühlgasse, in der ich auch als Mama sehr aktiv war. Lange Zeit war ich im Schulverein tätig und ich unterrichtete auch 10 Jahre dort. Glücklicherweise standen diese Jahre am Beginn meiner Unterrichtstätigkeit. Sie prägten mich und stellten eine ganz wichtige Grundlage für mein Arbeiten an öffentlichen Schulen dar. Ich erfuhr, was alles möglich ist und erspürte, wie es ist, in einem lebensfrohen, lebendigen, von Respekt und Wertschätzung getragenen Miteinander zu arbeiten und zu lernen und Ideen zu entwickeln. In der Hofmühlgasse erhielt ich mein eigentliches pädagogisches Rüstzeug.

Im Sommer 2006 startete meine erste Werklwoche. Lange Zeit waren es ein bis zwei Wochen in den Sommerferien. Im Sommer 2016 sind es sechs Wochen und auch an den individuell auswählbaren Wochenenden kann man seine Kinder bei mir gut versorgt wissen.

Was mir wichtig ist

Ich glaube, mit meinem Angebot in St. Corona Kindern vieles anbieten zu können, was für sie lustvoll, wertvoll und wichtig ist. Der Rahmen erlaubt viel Freiheit, und die Kinder können sich erproben und in einem geschützten Rahmen selbst Verantwortung für sich übernehmen, wenn sie z. B. gemeinsam den Bach entlang wandern. So eine Bachwanderung kann schon mal eine Stunde oder länger dauern. In dieser Zeit können sie ohne Aufsicht den Bach entlang spazieren und Dinge entdecken. Auch den Wald dürfen sie ohne Erwachsene erforschen. Wichtig ist mir nur, dass sie immer zu zweit, oder in der Gruppe gehen und dass sie es mir sagen. Es ist für mich immer sehr schön zu beobachten, wie sich ihr Bewegungsradius täglich ausweitet. Bleiben sie in den ersten Tagen meist noch in Rufweite, trauen sie sich später immer längere Entdeckungsreisen zu. Sie bewegen sich in diesem natürlichen Rahmen ohne Betreuung, Beobachtung und Kontrolle und wissen, dass es an ihnen selbst liegt, aufzupassen. Sie übernehmen ganz selbstverständlich Verantwortung für sich selbst – eine Grundvoraussetzung für Freiheit. Diese Freiheitserfahrung ist für Kinder heute eine sehr wertvolle. Oft sind dann im Anschluss aufgeregtes Berichten und Erzählen des Entdeckten angesagt, denn in Wald und Bach lassen sich richtige Abenteuer erleben.

Da ich in den Zeiten, in denen Kinder bei mir sind, ausschließlich für die Kinder da bin und keinen weiteren Tätigkeiten nachgehen muss, kann ich dann auch ganz entspannt ihren Erzählungen lauschen. Ich habe den Luxus, dass ich den Kindern aufmerksam zuhören kann. Manchmal nehmen sie mich dann sogar mit zu ihren gefundenen Schätzen und Plätzen.

Das Feine an den gemeinsamen Tagen in St. Corona ist, dass wir uns ganz stark an unseren Bedürfnissen orientieren können und sehr flexibel sind. Natürlich gibt es eine Grundstruktur, die ja schon durch Beginn und Ende der Woche, bzw. des Wochenendes gegeben ist. Auch für die Tage gibt es einen Essensplan und einen Werkplan. Aber: Wenn es für die Gruppe und mich passt, können diese Pläne verschoben, angepasst, oder ganz über den Haufen geworfen werden. Wir müssen keine Essenszeiten einhalten, weil die Küchenchefin bin ich selbst. Und es gibt auch keine Schulglocke, die unseren Tag in unpassende Einheiten zerklingelt. Also wenn wir gerade mitten im Tun sind und etwas fertig bringen wollen, dann kann das Mittagessen auch mal in den Nachmittag verschoben werden, oder wenn ein Abend einfach besonders fein ist und ein bisserl länger wurde, darf auch mal länger geschlafen werden, oder wenn gerade alle Tische mit unseren Arbeiten belegt sind, dann wird halt in der Wiese gegessen.

WIR MACHEN UNS DIE WELT WIEDIWIE SIE UNS GEFÄLLT.